30.12.24 - Luise Liepert (24.06.1931 – 16.07.2024) – Schachspielerin und so viel mehr

Mit Luise Liepert ist die erfolgreichste Vorkämpferin des Frauenschachs in Augsburg und Schwaben im Alter von 93 Jahren von uns gegangen. 

Der Schachgesellschaft Augsburg blieb die zweifache bayerische Meisterin auch in ihren letzten Lebensjahren treu, obwohl sie am schachlichen Wettkampf und Vereinsleben nicht mehr teilnahm. Wie tief ihre Verbundenheit zu unserer SG und insbesondere zum Frauenteam, dem sie von Anfang an angehörte und für das sie über Jahrzehnte wichtige Punkte sammelte, bis zuletzt war und wie interessiert sie alle schachlichen Nachrichten verfolgte, konnte ich noch bei unserem letzten Telefonat zu ihrem 93. Geburtstag Ende Juni erleben. Der ihr bevorstehenden Krebsoperation sah sie mit großer Gelassenheit und ohne Angst entgegen; aber leider reichte ihr enormer Kampfgeist, den sie – nicht nur – am Schachbrett stets unter Beweis gestellt hatte, nicht mehr, um auch diesen Gegner zu besiegen.

Luise war im besten Sinn des Wortes eine starke, selbstbewusste Frau, die kein Problem damit hatte, sich im Schach zunächst fast ausschließlich unter Männern zu bewegen. Sie war klar im Denken und in ihren Überzeugungen, so wie ihr positionell geprägter Schachstil. Wie sie mir einmal erzählte, beklagte sich eine befreundete Schachspielerin, die das riskantere taktische Spiel bevorzugte und der sie in Turnierpartien regelmäßig das Nachsehen gab: „Sie spielt so lange, bis sie ein Bäuerchen mehr hat, und dann gewinnt sie!“ Der Erfolg gab ihr recht. Ihre Titelsammlung begann mit dem Gewinn der allerersten Augsburger Damenmeisterschaft 1959/60, doppelrundig ausgetragen mit fünf Teilnehmerinnen; Luise siegte mit 8 aus 8! Schwäbische Meistertitel folgten sowie der Sieg bei zwei Bayerischen Damenmeisterschaften, 1969 und 1980. Über Jahrzehnte war sie eine feste Größe in den bayerischen Frauen-Auswahlmannschaften. In unserer Bundesliga-Mannschaft war sie der ruhende Pol am und neben dem Spielbrett. Spielstark, besonnen, zuverlässig, eine Teamplayerin, wie man sie sich als Mannschaftsführerin nur wünschen kann, und zugleich zugewandt und empathisch, eine ebenso interessante Erzählerin wie interessierte Zuhörerin auf unseren langen gemeinsamen Fahrten.

Luises Interessen reichten dabei weit über Schach hinaus. Sie besaß eine höchst kreative Ader, die sie zu einer leidenschaftlichen Malerin machte. Daneben töpferte, strickte, bastelte sie, buk unschlagbar leckere Plätzchen, und sie las für ihr Leben gern. Mit einem spannenden Buch konnte man ihr immer eine Freude machen.

Diesen Nachruf auf „unsere“ Luise schreibe ich mit Verspätung, aber dort, wo ihr Geist für mich besonderes lebendig ist: am Rande der ersten Doppelrunde der neuen Bundesliga-Saison. Von ihren ehemaligen Mitstreiterinnen sind, neben mir, noch drei Spielerinnen dabei, das halbe Team also. Die Erinnerung an Luise lebt!

(Ulla Münch)

Luise Liepert als junge Schachspielerin bei der Messerschmitt-Betriebssportgruppe


Luise Liepert bei ihrem ersten Bayerischen Meistertitel 1969